30 Mai 2010

Der Tag beginnt - in meinem kommenden Roman

»Gerne würde ich ja behaupten, der Himmel habe sich an diesem erwachenden Tag gelblichviolett, auf jeden Fall ungesund präsentiert. Doch dem war keineswegs so. Vielmehr war er leicht bewölkt wie so oft, aber nicht so sehr, dass die Sonne entscheidend daran gehindert würde, dem Landstrich, von dem hier die Rede sein wird, einen weiteren hellen, warmen Juni-Tag zu bescheren. Das schien sicher.«

23 Mai 2010

Mein kommender Roman

Wovon er denn handeln werde, mein neuer Roman, werde ich dann und wann gefragt. Es wäre gelogen, würde ich behaupten, es nicht zu wissen. Schliesslich ist sie schon ziemlich weit gediehen. Andererseits habe ich mir früher einreden lassen, von etwas zu reden, das erst im Entstehen begriffen ist, führe letztlich dazu, dass man es nie vollenden kann. Bei mir war das anders: Gerade weil ich nie über meine Projekte gesprochen habe, sind sie nie gediehen. Vielleicht, da meine Umwelt glaubte, ich faulenze bloss, habe ich mich jeweils zurückgezogen. Und man hat ergo meinen Wunsch, in Ruhe nachdenken und arbeiten zu können, ständig missachtet. Was weiss ich.

In meinem kommenden Roman wird es um Beziehungen gehen. Vermeintlich gescheiterte, vermeintlich neue, das böse Erwachen und die glückliche Wendung. Die Menschen sind in diesen neunzehn Stunden, von denen mein Buch handelt, eingebettet in einen Staat, der die scheinbar schlimmste Krise seit Jahren oder Jahrzehnten oder überhaupt durchlebt, je nach Betrachtungsweise. Und während er auf die scheinbare Herausforderung reagiert, zeichnet sich ab, dass die Menschen diesen Entwicklungen kaum Aufmerksamkeit entgegenbringen. Staat und Realität haben sich zu weit voneinander entfernt.

Es stellt sich die Frage, ob der vollständige Rückzug ins Private siegt. Wer mich etwas kennt, der kennt auch die einem Reflex folgende Antwort. Doch: Ist sie richtig und darf man guten Gewissens so und nicht anders antworten?

09 Mai 2010

Wie beginne ich ein Buch?

Diese Woche wurde ich gefragt: »Wie beginnst du ein Buch? Liegt meist schon ein Thema vor? Oder lässt du der Intuition freien Lauf? Oder aber, du beginnst ein Buch auf Anfrage?«

Meine Antwort:

Vielleicht muss ich etwas eher Grundsätzliches vorausschicken: Schreiben war immer ein wesentlicher Teil meiner beruflichen Tätigkeit, doch ist Journalismus oft insofern unbefriedigend, als viele Sachzwänge, manchmal "Scheren im Kopf" und ein steter Termindruck die Begleiter sind. Beim Schreiben meiner Bücher will ich hingegen möglichst frei und unabhängig sein. Deshalb hat es wohl vierzig Jahre bis zur Veröffentlichung meines ersten Romans gedauert: Ich wollte schon immer meine Bücher selber verlegen und mir nicht vorschreiben (oder mich überzeugen. . .) lassen, was "richtig", was "falsch", was "gängig" oder "so nicht verkaufbar" sein würde.

Diese lange Zeit hat viele Geschichten in mir reifen lassen wie ein Wein im Eichenfass. Einige sind zu Essig geworden, andere scheinen grundsätzlich geniessbar zu sein. Somit beginne ich ein neues Buch gewissermassen mit einer "vollständigen Geschichte" im Kopf. Es entsteht daraus ein Text, der in der Regel rund zwei Drittel des endgültigen Umfangs umfasst. Er präsentiert sich in dieser Form wie ein Bild, das ich male: Alles scheint vorhanden - und doch ist das Ergebnis des sorgfältigen "Ausmalens" (meist) ein völlig anderes, als die ziemlich detaillierte Skizze es suggerierte. Manches fällt weg, andere Dinge kommen hinzu. Der Text bläht sich auf - und büsst bis zum Schluss wieder gut und gerne 50 Prozent seiner grössten Ausdehnung ein. . .

Ein wunderbarer Prozess insgesamt!

Nachzulesen auf:
http://der-buecherwahnsinn.blogspot.com/

08 Mai 2010

Der Schmerz

»Nein«, sagte er, »nein, der Schmerz quält mich nicht länger.«

»Weshalb?« wollte sie wissen.

»Ich habe ihn mir von der Seele geschrieben«, gab er zur Antwort und deutete auf den Papierhaufen, der auf dem Schreibtisch lag.

»Und das genügt?«

»Ja«, nickte er, »denn eines Tages wird jemand kommen, davon lesen und alles verstehen.«

»Du erwartest dies nicht wirklich von mir?« Sie liess ihre Blicke über all das Papier schweifen, das zu diversen Bergen aufgetürmt war.

Er schüttelte den Kopf: »Erwartungen sind mir fremd. Ich hoffe bloss. Manchmal in der Nacht, wenn ich nicht einschlafen kann.«

»Und wenn nun niemand kommt, der deine Hoffnung erfüllt?«

»Dann wird der Schmerz eines Tages zusammen mit mir gestorben sein.«

02 Mai 2010

Ich will ebenfalls geschrieben sein

Während ich noch an der einen schreibe, purzelt bereits die nächste Geschichte in den Raum.

»Ich will ebenfalls geschrieben sein«, fordert sie.

Was nun?

Da ich lernen musste, mit der rechten zu schreiben und es mit der linken Hand noch immer kann: Den Versuch wagen, sie beide gleichzeitig zu Papier zu bringen?

Eine längere, gedankenklärende, ordnende Auszeit vom Alltag wäre angezeigt, aber noch diktiert er meinen Lebensrhythmus.